Was ist eine Hernie?

Eine Hernie, oder auch Bauchwandbruch, ist der Austritt von im Bauch gelegenen Fettanteilen oder Eingeweiden aus der Bauchhöhle durch eine angeborene oder erworbene Lücke. 

 

Was bedeutet das Wort Hernie?

 

Die deutsche Bezeichnung Bruch verwendet die Nebenbedeutung von Bruch als Riss. Dieses kann jedoch zu Verwechslungen mit Knochenbrüchen führen, so dass eher der Fachausdruck Hernie verwendet werden sollte. Das Wort Hernie stammt aus dem griechischen und steht für das Wort Knospe, da es sich hierbei um Ausstülpungen am Rumpf handelt, die einer Knospe ähneln. 

 

Eine Voraussetzung für die Entstehung einer Hernie ist eine Schwachstelle in der Bauchdeckenwand, die an unterschiedlichen Lokalisationen gelegen sein kann. Meist ist diese bereits in der Embryonalentwicklung angelegt. Die Schwachstelle kann aber auch wesentlich später entstehen, beispielsweise durch:

  • eine chronische Lungenschädigung mit starkem Husten
  • einer Narbe nach einer Bauchoperation
  • einem erhöhten Druck im Bauchinneren durch z.B. Schwangerschaften oder auch Tumore.

Durch den stetig erhöhten Bauchinnendruck können tragende Bauchwandschichten so weit auseinanderweichen, dass eine beulenartige Vorwölbung der restlichen Bauchwandschichten als Bruchsack resultiert. 

 

Jede echte Hernie weist die 3 charakteristischen Merkmale auf.

  1. Bruchlücke = Dieses ist das "Loch" in der Bauchdecke, wodurch Inhalte durchtreten können
  2. Bruchsack = Seine innere Auskleidung besteht im Regelfall aus gleitendem Bauchfell (Peritoneum) mit Bruchinhalt. Wenn der Bruchsack einklemmt und nicht mehr zurückgleitet, kann es starken Schmerzen kommen und führt bei Darmeinklemmung (Inkarzeration) zu einer Notoperation.
  3. Bruchinhalt = Aufgrund entzündlicher Reaktionen kann ein Bruch Bruchwasser enthalten, aber auch leer sein. Häufig aber enthält er Anteile einer großen Fettschürze, die im Bauchinneren die Organe bedeckt (Omentum majus) oder auch Anteile von Dünn- oder Dickdarm. Auch können frei bewegliche Organe, wie die Eierstöcke (Ovarien), der Blinddarm oder Wandanteile der Harnblase enthalten sein. 

Ich habe eine Hernie, was nun?

Oft ist eine Hernie ein Zufallsbefund und zeigt sich als kleine Beule. Bei Männern sehr oft in der Leiste und bei Frauen häufiger im Nabelbereich oder oberhalb des Nabels. Schmerzen sind eher die Ausnahme, es handelt sich oft um ein Druckgefühl oder einen ziehenden Schmerz bei Bewegung.

 

Eine Hernie tritt immer aufgrund eines chronischen, also über Jahre andauernden, Prozesses der Gewebsveränderung auf oder ist bei jüngeren Menschen als Schwachstelle der Bauchdecke angelegt. Es gibt also kein plötzliches Einreißen bei einer spontanen Bewegung, wie es häufig angenommen wird. 

 

Bei starken Schmerzen mit Übelkeit und /oder Erbrechen sollte sofort ein Arzt oder eine Notaufnahme aufgesucht werden. Bei Männern kann es im Leistenbereich z.B. auch eine Hodenverdrehung (Torsion) als eigenes Krankheitsbild geben, was einer sofortigen Therapie bedarf. 

 

Bei eher milden Symptomen im Leistenbereich nach z.B. sportlichen Aktivitäten kann auch 2-4 Wochen abgewertet werden, da es sich oft um eine Problematik der Muskelgruppen im Beckenbereich (Adduktoren) handelt, die sich unter Schonung und Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten wie Ibuprofen oder Diclofenac deutlich bessert und keiner operativen Therapie bedarf.

 

Wenn aber eine Beule vorhanden ist, die sich im Liegen zurückbildet und bei Husten im Stehen wiederauftritt, ist eine Hernie recht wahrscheinlich und sollte durch einen Chirurgen abgeklärt werden.

 

Prinzipiell lässt sich sagen:

  • Eine Hernie kann nur durch eine Operation therapiert werden und Bruchbänder sind für alle Patienten, die operiert werden können keine längere Option, insbesondere nicht im Leistenbereich.
  • Eine Hernie wird in den weiteren Lebensjahren immer größer und ist dann immer aufwendiger zu operieren.
  • Eine Operation einer nicht symptomatischen Hernie kann gut geplant werden und sollte innerhalb der nächsten 3-6 Monate nach Diagnosenstellung erfolgen. 
  • Frauen mit Leistenhernien sollten jedoch möglichst bald operiert werden, da Sie eine deutlich erhöhte Gefahr einer Einklemmung (Inkarzeration) haben.
  • Die Wahrscheinlichkeit einer Einklemmung, was ein Notfall ist und sofort operiert werden muss, beträgt im Oberbauch- und Nabelbereich ca 6-8% und im Leistenbereich ca. 3%. 
  • In der Regel klemmt kein Darm ein, sondern Fettgewebe des Bauchinnenraumes.
  • Schwangere mit dem V.a. einer Hernie sollten sich bei einem Hernienspezialisten zur Abklärung vorstellen.
  • Sportliche Aktivitäten, so lange diese keine Beschwerden machen, können bis auf Bauchmuskelübungen (sog. sit-ups) problemlos weiter durchgeführt werden. Bei Beschwerden umgehend einen Chirurgen aufsuchen.
  • Eine Rektusdiastase ist keine Hernie und wird daher in der Regel auch nicht operiert.

"Eine Hernie heilt nie von alleine und es Bedarf zur Therapie immer einer Operation"


Diagnostik

Die Diagnosestellung einer Hernie erfolgt in der Regel klinisch durch die Untersuchung. Ein gutes Hilfsmittel ist der Ultraschall, wodurch kleine Hernien, insbesondere bei der Frau, gut entdeckt werden können.

Bei großen Hernien ist die Diagnosenstellung auch ohne Ultraschall problemlos möglich.

 

Bei adipösen Patienten oder komplexen Verhältnissen nach mehreren Voroperationen ist die Kernspinntomographie (MRT) die Methode der Wahl. Hierbei ist es wichtig, dass eine dynamische Untersuchung (Valsalva) erfolgt, bei der die Patienten während der Untersuchung pressen müssen. Ansonsten können kleine Hernien nicht diagnostiziert werde und die Untersuchung ist nutzlos. Zur Ausmessung bei großen Defekten vor operativen Eingriffen ist eine Bildgebung mittels Kernspinntomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) sinnvoll.

 

Bei Patienten mit einem neuen Bauchwandbruch, die älter als 50 Jahre sind und noch keine Dickdarmspiegelung (Koloskopie) hatten, sollte diese Untersuchung vor einer Operation als Vorsorgeuntersuchung unbedingt durchgeführt werden, um einen Darmtumor auszuschließen. Die Vorsorgekoloskopie wird bei Männern ab 50 Jahren und bei Frauen 55 Jahren empfohlen und die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

 

Sichere Operation von Bauchwand- und Leistenhernien

Unsere Schwerpunkte für eine sicheren und schmerzarme Operation von Hernien.

Wir operieren Nabelhernien bevorzugt ambulant in unserer Praxis mit und ohne Netzeinlage.

Bei Leistenhernien bevorzugen wir die schmerzarme Minimal Invasive Operation

Epigastrische Hernien (Oberbauchbruch) sollten immer operiert werden, da diese häufig zu Problemen führen. 

Rektusdiastasen operieren wir sicher in Kombination mit einem Plastischen Chirurgen.


Welche Operationsmöglichkeiten gibt es?

Es gibt verschiedene Operationstechniken, die individuell an den Befund und den Gesundheitszustand  der Patient:innen angepasst werden. Dabei wird bei allen Bruchformen zwischen Operationen mit oder ohne Netzeinlage sowie der Minimal Invasiven oder offenen Technik unterschieden.

 

Diese individuelle Auswahl wird als maßgeschneidertes Konzept ("tailored approach") beschreiben. Daher sollten spezialisierte Hernienchirurg:innen immer verschiedene Operationsverfahren sicher beherrschen und regelmäßig durchführen.

 

Der direkte Nahtverschluss

Die tragende Bindegewebsschicht des Bauches wird Faszie genannt und in dieser befindet sich die Bruchlücke. Bei der Operationstechnik des direkten Nahtverschlusses wird die Lücke mit einem Faden, der sich nicht auflöst, mit mehreren Nähten sicher verschlossen. Dabei ist es besonderes wichtig, dass kein Gewebe in dem zu verschließenden Spalt eingeklemmt wird. Dieses Verfahren wird bei kleineren Hernien unter 1,5cm im Nabel- oder oberen Bauchwandbereich angewandt. Narbenhernien sollten dagegen immer mit einem Netz versorgt werden, da hier die Gefahr eines erneuten Bruches (Rezidiv) deutlich größer ist. 

 

Netzimplantation

Bei größeren Hernien über 1,5cm, Risikofaktoren wie z.B. Übergewicht, chronische Lungenerkrankungen oder Bindegewebsschwäche und bei Narbenhernien, muss zur Verstärkung ein Kunststoffnetz eingesetzt werden. Ansonsten ist die Gefahr einer erneuten Hernie (Rezidiv) zu groß.

 

Die Netze bestehen meistens aus dem Kunststoff Polypropylen oder Polyvinylidenfluorid und sind in der Regel sehr gut verträglich. Alle Netze haben eine Tendenz zur Schrumpfung, weshalb diese eher zu groß als zu klein eingesetzt werden sollten. Das Netz sollte den Rand der Hernie bei Nabelhernien um mindestens 3cm und bei Narbenhernien um mindestens 5 cm überlappen, um bei Schrumpfung ein Rezidiv zu verhindern.

 

Als ein "geplanter" Fremdkörper führen alle Kunststoffnetze zu einer Reaktion im Organismus, wodurch ein Erguss um das Netz bildet (Serom). Meistens ist dieser harmlos und der Körper nimmt diese Flüssigkeit von alleine innerhalb von 2-5 Monaten wieder auf.

 

In sehr seltenen Fällen muss ein Serom punktiert werden, um die Flüssigkeit abzulassen. Dieses sollte jedoch wegen einer hohen Infektionsgefahr frühestens 6 Wochen nach einer Operation durchgeführt werden. Noch viel seltener ist eine Infektion um das Netz mit Eiterbildung aufgrund einer Blutansammlung mit anschließender Infektion. Hier muss ein Netz wieder entfernt werden, da es zu keinem Einwachsen kommt.

 

Je nach der Lage des Netzes in der Bauchdecke, gibt es verschiedene Operationsmethoden.

 

Neu sind Netze, die sich langsam auflösen und dadurch zu einer bleibenden Stabilität führen. Vorteil ist, das die Patienten kein Fremdmaterial im Körper haben. Nachteil sind der extrem hohe Preis und noch keine bestehende Langzeiterfahrung mit diesen Produkten bzgl. der Stabilität und der Rezidivhäufigkeit. In der Regel werden dieses bei infektiösen Wunden in spezialisierten Hernienzentren eingesetzt.

 

Neuere Therapieformen in der Hernienchirurgie

Eine Weiterentwicklung in der Hernienchirurgie ist neben den verbesserten Materialbeschaffenheit auch die Einbringung der Netze über möglichst kleine Schnitte und die Platzierung außerhalb des Bauchraums, um Verwachsungen im Bauchinnenraum zu vermeiden. 

  • PUMP-Technik: Dieses Verfahren nennt sich Präperitoneal Umbilical Mesh Plastic (PUMP). Dabei werden Nabelbrüche mit einem meist runden Netz versorgt, welches 5-8cm im Durchmesser ist und nicht direkt in dem Bauchinnenraum platziert wird (intraperitoneale Lage), sonder auf das Bauchfell. Dieses gewährt eine korrekte, feste  Lage und führt nicht zu den gefürchteten Verwachsungen mit dem inneren Bauchfett oder dem Darm. Diese Technik ist aber nicht immer möglich.
  • PIMP-Technik: Dieses ist eine Weiterentwicklung der PUMP Technik, so dass auch Narbenhernien und Eigastrische Hernien mit versorgt werden können. Das Verfahren steht für Preperitoneal Incisional Mesh Plastic.Auch hier wird das Netz direkt auf das Bauchfell gelegt, kann aber je nach Bruchgröße bis zu 20x15cm groß sein.
  • MILOS-Technik: Diese Technik wird als Mini Less Open Sublay beschrieben und ist eine Kombination aus offener Operation und minimal invasiver Technik, eine sog. Hybridoperation. Dabei kommt das Netz unter dem geraden Bauchmuskel in einer sog. Sublay Position zu Liegen, um eine Verwachsung mit dem Darm zu verhindern. Dieses bewährte Verfahren ist aktuell der Goldstandard bei operativen Verfahren großer Bauchwandbrüche. Die Schnitte sind deutlich kleiner als bei herkömmlichen Operationen, wie sie in den meisten Krankenhäusern durchgeführt werden. Wichtig: Leistenbrüche werden nicht in dieser Technik operiert. Mehr lesen...
  • ELAR-plus Technik: Bei dieser Technik wird der Schwerpunkt insbesondere auf die Rekonstruktion der Rektusdiastase, also dem Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskulatur, gelegt. Über einen kleinen Schnitt oberhalb des Nabels wird die feste Bindegewebshülle der Rektusmuskulatur eingeschnitten und die Mittellinie gerafft.  Zur Verstärkung wird ein Netz eingenäht. Die Abkürzung ELAR steht für Endoscopic-Assisted Linea Alba Reconstruction plus Mesh Augmentation.

Was ist vor einer Operation zu bedenken?

Heutzutage sind Operationen dank der modernen Narkosemittel sicher und wenig belastend für den Patienten. Dennoch ist es für den Narkosearzt und Chirurgen wichtig, vorhandene Risikofaktoren zu erkennen und entsprechend vorbereitet zu sein. Daher sind folgende Angaben vor jeder Operation wichtig:

  • Gibt es eine Infektionskrankheit (Hepatitis, Tbc, HIV)
  • Bestehen Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus oder Organerkrankungen (Herz, Leber, Niere, Schildrüse)
  • Gibt es Allergien oder Überempfindlichkeiten (Medikamente, Antibiotika, Jod, Latex)
  • Besteht eine verstärkte Blutungsneigung (Nasenbluten, blaue Flecken bei Bagatellverletzungen)
  • Gabe es einmal ein Blutgerinnsel (Thrombose/ Embolie)
  • Werden regelmäßig Medikamente benötigt (insbesondere blutverdünnende wir Marcumar, ASS, Plavix, Clopidogrel)
  • Hat der Patient einen Herzschrittmacher oder einen Defibrillator?
  • Gabe es schon einmal Komplikationen bei einer vorangegangenen Operation?

Welche Komplikationen kann es geben?

Bei jeder Operation kann es auch zu Komplikationen kommen. Wir führen hier die wichtigsten im Zusammenhang mit der Hernienchirurgie auf.

  • Allergien und Unverträglichkeiten: Bei offenen Operationen erfolgt in der Regel die Einmalgabe eines Antibiotikums. Daher ist es wichtig zu wissen, ob eine Medikamentenunverträglichkeit besteht. Auch muss über eine Latexallergie informiert werden, da diese Patienten an erster Stelle operiert werden müssen.
  • Gefäß-, Nerven- und Organverletzung: Wo geschnitten wird, kann auch etwas durchtrennt werden. An Nerven sind hier insbesondere die feinen Hautnerven in der Leiste zu nennen, die nach einer Verletzung zur Taubheitsgefühlen oder sogar Schmerzen führen können. Organverletzungen betreffen vor allem den Darm. Nach Voroperationen stellt die Beseitigung von Verwachsungen (Adhäsionen) und einer evtl. Verletzung ein besonders hohes Risiko dar.
  • Blutungen und Nachblutungen: Patienten mit blutverdünnenden Medikamenten haben ein um den Faktor 4 erhöhtes Risiko eine Nachblutung zu erleiden. Dabei ist die Art des Medikamentes wichtig. Eine Nierenschädigung erhöht das Risiko einer Blutungskomplikation noch, da das Medikament sich ansammelt und dadurch länger wirkt. Eine Blutungskomplikation bei Menschen, die keine Blutverdünner nehmen ist dagegen sehr selten.
  • Serom (Wundflüssigkeit): Die Ausbildung eines Seroms ist sehr häufig und in verschiedener Ausprägung nach einer Hernienoperation zur sehen. Bei der Einlage von Kunststoffnetzen ist diese Fremdkörperreaktion recht stark ausgeprägt. Wenn sich ein Serom ausbildet, sollte es belassen und beobachtet werden. Meistens nimmt der Körper die Flüssigkeit innerhalb von 4-6 Wochen wieder auf und es ist nichts mehr zu sehen. Auf keinen Fall sollte ein Serom früh punktiert werden, da dann die Gefahr einer Keimverschleppung von der Haut besteht, wodurch es zu einer Infektion kommen kann.
  • Wundschmerzen: Schmerzen nach einem Eingriff an der Bauchdecke sind normal und gerade bei Bewegung belastend. Daher sollten alle Patienten auch in den ersten 3-5 Tagen die verordnete Schmerzmedikation einnehmen. Operationen von Nabel- und Narbenhernien sind dabei oft schmerzhafter als die Minimal Invasive Operation von Leistenhernien. Teilweise können Beschwerden bei Belastung oder langem Sitzen bis zu 6 Monate nach der Operation auftreten.
  • Wundinfektionen: Eine richtige Infektion mit Eiterbildung ist heutzutage sehr selten und kommt bei der Minimal Invasiven Chirurgie kaum noch vor. Deshalb kann bei der TAPP und TEP Operation auch auf die Einmalgabe eines Antibiotikums verzichtet werden. Häufiger sind Wundheilungsstörungen (besonders bei adipösen Patienten), die aber ohne weitere Operation verheilen.  

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